Der Mensch ist weich und zart,
Diese Zeilen von Lao Tse sind so passend für unser Üben im T`ai Chi Ch`uan. Kontinuierlich arbeiten wir daran, in unseren Bewegungen, aber auch in unserer Geisteshaltung sanft und weich zu werden und alles Starre und Harte zu lösen.
Was bedeutet Tai Chi und was kann ich damit erreichen?
Bedeutung
Der Tai Chi-Yangstil ist eine sanfte Meditation in Bewegung, die in innerer und
äußerer Stille ausgeführt wird.
Tai Chi ist die gebräuchliche Abkürzung von T´ai Chi Ch´uan (auch Taijiquan). Der Name setzt sich aus T´ai Chi (das Absolute, das Eine oder höchste Letzte) und Ch´uan (Faust) zusammen. Das bedeutet, dass man durch die aus den Kampfkünsten entstandenen Bewegungen in Einklang mit der Einheit, dem Absoluten, dem Tao kommt.
Unterricht
Anders als in unserer Gesellschaft, in der es meist um Leistung und zunehmend um Schnelligkeit geht, spielt dies beim Erlernen und Ausführen des Tai Chi keine Rolle. Es geht darum, den Ausgangspunkt, an dem man beginnt und der abhängig von der jeweiligen körperlichen Verfassung und dem Körperbewusstsein ist, anzunehmen wie er ist. Von dort aus entwickelt sich jeder nach seinem Tempo weiter. Der jeweilige Moment des Arbeitens und Erfahrens ist das primäre Ziel, nicht das möglichst schnelle Erlernen der Form. Deshalb ist auch ein Vergleich mit anderen, die es vermeintlich besser können oder schneller erlernen, völlig unerheblich.
Im Tai Chi wird eine sog. "Form" erlernt. Diese Form setzt sich aus vielen Einzelbewegungen zusammen, die alle ihre Grundlage in Kampfanwendungen haben. So gibt es z.B. einen Fausstoß, Abwehren, Drücken oder Stoßen. Aber alle Bewegungen werden weich, langsam, entspannt, ohne Muskelkraft und mit zunehmendem Üben von innen angefüllt ausgeführt und fließen sanft ineinander, so dass daraus eine einzige, lange Bewegungsabfolge, die sog. "Form" wird. Alle Bewegungen im T´ai Chi werden nach bestimmten Grundprinzipien ausgeführt, die in den klassischen Schriften der alten Meister beschrieben und die absolut natürlich und physiologisch sind. So richten wir uns leicht und frei auf wie eine Blume, die der Sonne entgegen wächst. Gleichzeitig sind wir fest im Boden verwurzelt wie ein Baum. Alle Bewegungen werden aus dem Rumpf heraus geführt mit dem Schwerpunkt im sog. unteren Tan Tien, dem Energiezentrum unterhalb des Bauchnabels. Die Verbindung vom Scheitel bis zum Steißbein wird als Drehachse wahrgenommen, um die herum wir uns bewegen, um nur einige Bewegungsprinzipien zu nennen.
Unterrichtsschwerpunkte der Kurse:
Das Erlernen der Tai Chi-Bewegungsabläufe, im Ausführen dieser Tai Chi-Bewegungen Entspannung des Körpers und des Geistes, Zentrierung auf die eigene Mitte und bewusstes Loslassen, körperlich, aber auch geistig, Haltungskorrektur für besseren Energiefluss und zur Linderung von Beschwerden, Körperbewusstsein und -beweglichkeit, Wahrnehmumg und Annehmen des gegenwärtigen Moments, die Integration des Erlernten in den Alltag
In jeder Unterrichtsstunde werden neben dem Erlernen der Tai Chi-Form auch Übungen zur Steigerung der Beweglichkeit, Koordination oder Achtsamkeit durchgeführt. Weiterhin werden Partner- (Tuishou/Push Hands) und Anwendungsübungen zur Vertiefung angeboten. Außerdem gibt es meist auch viel Gelegenheit zum Lachen!
Unterrichtet wird:
-Tai Chi-Yangstil, Kurzform nach Cheng Man-ch'ing: Die Kurzform ist für Anfänger besonders geeignet.
-Tai Chi-Yangstil, Traditionelle Langform nach Yang Ch'eng-Fu: Sie ist besonders für Fortgeschrittene geeignet, die die Kurzform bereits beherrschen, kann aber auch von motivierten Anfängern erlernt werden.
-Schwertform nach Chi Ch´iang Tao: Sie ist besonders für Fortgeschrittene geeignet, die bereits über mehrjährige Erfahrungen mit Tai Chi verfügen, aber motivierte Anfänger können auch mit der Schwertform mit Tai Chi beginnen.
Der Unterricht wird wie bereits erwähnt auf der Grundlage der in den jahrhundertealten klassischen Schriften alter Meister ausgeführten Prinzipien durchgeführt. Diese alten Prinzipien legen den Aufbau und die Ausführung der Übungen fest. Aus diesem Grund wird auch nicht die Pekingform bzw. der Pekingstil (24er/48er Form) unterrichtet. Die Pekingform hat sich nach der Abschaffung aller alten spirituellen Praktiken durch Mao Tse-tung während der Kulturrevolution als Volksgymnastik aus dem alten Yangstil entwickelt und basiert in ihrer Entstehung nicht auf den Überlieferungen alter Meister und ihrer Schriften.
Die Bewegungsabläufe des Tai Chi können ohne Vorkenntnisse oder besondere körperliche Voraussetzungen von Jugendlichen ab ca. 15 Jahren und Erwachsenen ohne Alterseinschränkung erlernt werden. Für Kinder sind die Übungen des Qi Gong anfangs empfehlenswerter.
Die Teilnahme am Unterricht erfolgt auf eigene Verantwortung.
Wirkung
Durch die Ausübung der Tai Chi-Bewegungen wird der Körper auf sanfte Weise trainiert und gestärkt, ohne dabei zu ermüden. Gleichzeitig können verschiedene Beschwerden gelindert werden. So kann sich der Herzschlag beruhigen und die Atmung tief und langsam fließen. Zu hoher oder zu niedriger Blutdruck kann ausgeglichen werden. Durch das Aufspüren und die Korrektur von Fehlhaltungen des Körpers können sich Verspannungen im Kopf- Schulter- und Rückenbereich lösen, so dass Kopf- und Rückenschmerzen gelindert werden. Die Bewegungs-abläufe des Tai Chi schulen die Koordinationsfähigkeit und den Gleichgewichtssinn. Dies fördert die Konzentrationsfähigkeit und wirkt Vergesslichkeit entgegen. Durch die sanften Bewegungen aller Muskeln und Gelenke wird der Körper geschmeidiger. Dies wirkt vorbeugend gegen Arthrosen und fördert die Beweglichkeit des Körpers bis ins hohe Alter. Die mit der Ausführung einsetzende tiefe Entspannung lindert Schlafstörungen und Schlaflosigkeit. In der Achtsamkeit auf die Bewegungsabfolgen tritt man in einen wohltuenden Raum innerer Stille ein. Der dauernde Gedankenstrom kann versiegen und der Geist zur Ruhe kommen. So können Probleme und Sorgen losgelassen und der gegenwärtige Moment des Lebens wahr- und angenommen werden. Mit dem konstanten Lernen und Üben öffnet sich der Körper zunehmend auf der sog. feinstofflichen Ebene für den stetigen, alles durchdringenden Energiefluss des Ch´i, der Lebensenergie, ein ganz wesentlicher Faktor für die positive Wirkung auf Geist und Körper. Oft erleben auch Anfänger voller Erstaunen schon nach den ersten Stunden davon eine Spur. Nach meiner Erfahrung gilt: Je weniger Kraft und Anstrengung, körperlich wie geistig, angewendet wird, desto mehr kommt die Energie zum Fließen. Mit der Zeit lernt unser Geist, diesen Energiefluss besser wahrzunehmen und auch zu lenken. Die Bewegungsausführungen werden zunehmend weich, ausgewogen, entspannt, dabei aber nicht schlaff, sondern von innen angefüllt und lebendig. Mit fortlaufender Übung kommt es zu einem Einswerden mit der Bewegung, während der Geist dabei hellwach, offen und ganz still ist.
Wie im Grunde jeder Meditationsweg führt auch Tai Chi in unseren Alltag zurück. So können wir nicht nur zuhause, im Park oder am Meeresstrand zu jeder Zeit Tai Chi praktizieren, ohne irgendetwas anderes dafür zu benötigen als uns selbst. Wir nehmen auch die erlernten, wohltuenden Bewegungsmuster und Körperwahrnehmungen in unsere alltäglichen Aktivitäten mit auf, sei es an der Supermarktkasse oder beim Laufen zum Bus. In der Achtsamkeit auf unseren Körper und seine Bewegungen sowie in der Stille und Weite unseres Geistes kann jenseits von einer Vergangenheit, die bereits vorbei ist, und einer Zukunft, die noch nicht eingetreten ist, der gegenwärtige Augenblick wahrgenommen werden, in dem sich unser Leben in Wirklichkeit abspielt: Das Jetzt!
|
|